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Acne Vulgaris und der Einfluss der Ernährung | Medizin

In westlichen Industrieländern ist Akne bereits eine epidemieartig auftretende Hauterkrankung, unter der 79-95% der adoleszenten Bevölkerung leiden. Dabei wird eine zunehmende Prävalenz von 40-54% bei Erwachsenen im Alter von über 25 Jahren sowie bei 12% der Frauen und 3% der Männer im mittleren Alter beobachtet.

Diese besorgniserregende Entwicklung der epidemiologischen Situation wird nach neuesten Erkenntnissen vor allem auf die Ernährung nach westlichem Lebensstil zurückgeführt.

Auf diesen Zusammenhang machten erstmals Cordain et al. aufmerksam, da sie bei 1200 Kitavan-Inselbewohnern aus Papua-Neuguinea und bei 115 Aché-Jägern und -Sammlern aus Paraguay keinen einzigen Fall von Akne nachweisen konnten.

Beide Bevölkerungsgruppen verzehren weder Kuhmilch noch andere Milchprodukte sowie keine Kohlenhydrate mit hohem glykämischen Index (GI) und weisen zudem keine Insulinresistenz auf, die einen wesentlichen Risikofaktor für chronische Erkrankungen in der westlichen Welt darstellt.

Insulinotrope Effekte der Milchproteine

Kuhmilch enthält u. a. die bioaktiven Wachstumsfaktoren IGF-1 und IGF-2. Die Aminosäuresequenzen von bovinem und humanem IGF-1 sind identisch, weshalb beide mit gleicher Affinität an den humanen IGF-1-Rezeptor (IGF1-R) binden (Melnik, 2009b).

IGF1-R wird auch von basalen Sebozyten exprimiert und sowohl Insulin als auch IGF-1 stimulieren die Sebozytendifferenzierung. Eine Korrelation zwischen erhöhten IGF-1-Serum-Spiegeln und gesteigerter Sebumproduktion wurde auch klinisch bestätigt (Melnik, 2009b).

Eine retrospektive Analyse der Nurses Health Study II, in der 47.355 Krankenschwestern über ihr Ernährungsverhalten während der Adoleszenz befragt wurden, zeigte erstmals einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Prävalenz der Akne und der Menge des täglichen Milchkonsums (Adebamowo et al., 2005).

Diese Assoziation wurde auch in der US-amerikanischen „Growing-Up-Today“-Studie bei 6094 Mädchen sowie bei 4273 Jungen im Alter von 9-15 Jahren beobachtet (Adebamowo et al., 2006 & 2008).

Interessanterweise war bei den Jungen der Zusammenhang zwischen Akne und Magermilch am höchsten.

Demnach ist denkbar, dass nicht die lipophilen androgenen Steroide des Fettanteils der Milch, sondern eher die hydrophile Proteinfraktion der Kuhmilch, welche die Insulin-/IGF-1-Signalgebung erhöht, einen größeren Einfluss auf die milchinduzierte Verschlechterung der Akne hat (Melnik & Schmitz, 2009).

Bei achtjährigen Kindern erhöhte der Milchkonsum die basalen Insulinspiegel, die IGF-1-Plasma-Spiegel und führte sogar zu Insulinresistenz (Hoppe et al., 2004).

Da es bei vielen Kindern und Jugendlichen zwischen den Mahlzeiten keine ausreichenden Pausen mehr gibt, in denen die erhöhten postprandialen Insulinspiegel ausreichend abfallen könnten, kommt es zu persistierenden Hyperinsulinämien, die in letzter Konsequenz die permanente Überstimulierung des Talgdrüsenfollikels durch Wachstumssignale westlicher Fehlernährung zur Folge haben.

D.h. der westliche Ernährungsstil verfestigt die pathogenetischen Voraussetzungen für das epidemieartige Auftreten der Akne in der Adoleszenz und ihre Persistenz im Erwachsenenalter (Melnik, 2010).